JUMS trifft … Maximilian Piehler

JUMS veröffentlicht nicht nur – wir recherchieren auch.

Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns mit Maximilian Piehler von der Ludwig-Maximilians-Universität München getroffen, dessen Masterarbeit „Prospect Theory and Stock Returns During Bubbles“ in der 16. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Maximilian Piehler

Titel der Arbeit:

Prospect Theory and Stock Returns During Bubbles

Art der Arbeit, Hochschule:

Masterarbeit,  Ludwig-Maximilians-Universität München

Aktuelle Tätigkeiten:

Allianz Real Estate 

JUMS Ausgabe:

Junior Management Science 5(3), 2020, S. 262-294

Seite:

https://jums.academy/m-piehler/

Interview

JUMS: Lieber Maximilian, Du untersuchst in deiner Masterarbeit, ob Anleger Aktien auf der Grundlage des prospektivtheoretischen Werts der Verteilung vergangener Erträge bewerten? Kannst Du kurz erklären, was man unter der Prospect Theory versteht und  wie diese Art der Bewertung aussehen könnte?
Maximilian Piehler: Kurz gesagt überprüfe ich, ob sich gewisse Verhaltens- und Denkweisen der Investoren in der Preisveränderung von Aktien manifestieren. Diese Verhaltens- und Denkweisen werden von der Prospect Theory beschrieben, eine auf experimentellen Ergebnissen entwickelte Theorie darüber, wie Menschen Entscheidungen treffen. Ein Beispiel hilft einen Aspekt dieser Theorie zu verdeutlichen: Fragen Sie sich selbst, welche der Optionen Sie bei den folgenden Wetten wählen würden: (1) Ein Gewinn über 5000€ mit einer 0,1% Chance oder einer sicherer Gewinn über 5€. (2) Ein Verlust über 5000€ mit einer 0,1% Chance oder ein sicherer Verlust über 5€. Die Mehrheit der Befragten wird in Wette (1) die unwahrscheinlichen 5000€ wählen und in Wetter (2) den sicheren Verlust von 5€. Die Befragten überschätzen also kleine Wahrscheinlichkeiten und gehen deshalb bei Gewinnen gerne eine Lotterie ein, während sie bei Verlusten eine Absicherung suchen. Die mathematische Beschreibung der Prospect Theory berücksichtigt unter anderem diese spezielle Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten. Für interessierte Leser empfehle ich das kürzlich erschienene Buch von Daniel Kahneman „Schnelles Denken, Langsames Denken“.

 

JUMS: Ist die Bewertung auf Grundlage des prospektivtheoretischen Werts denn im Hinblick auf die Vorhersagekraft geeignet?
Maximilian Piehler: Dieser Frage gehen vorhergehende Autoren und ich grundsätzlich nach: Kann man am Aktienmarkt Preisbewegungen erkennen, die einen Rückschluss darauf zulassen, ob manche Investoren in Übereinstimmung mit der Prospect Theory Entscheidungen treffen? Die Antwort ist Ja, auf den Aktienmärkten vieler Länder kann man dieses Verhalten indirekt beobachten. Damit eignet sich die Bewertung auf Grundlage des prospektivtheoretischen Werts gut um eine Gruppe von Investoren zu beschreiben, die von einem rein rationalen Denken abweichen und gewisse Biases (siehe Beispiel Frage 1) in ihrer Entscheidungen einfließen lassen.

 

JUMS: Wie bist Du auf das Thema  deiner Abschlussarbeit gekommen – und weshalb ist das relevant?
Maximilian Piehler: Entscheidungstheorien, und im Speziellen die Prospect Theory, beschäftigen mich seit dem Bachelorstudium. Im Studium wird diese gerne als Beispiel für die Verhaltensweisen von irrationalen Investoren herangezogen. Inspiriert zu meinem Thema hat mich die Arbeit von Barberis et al, die 2016 in einer der wenigen breiten Studien beweisen konnten, dass Anleger sich tatsächlich in gewissem Maß im Einklang mit der Prospect Theory verhalten. Nach gründlichem Lesen der Arbeit stellte sich mir folgende Frage: Ist das Verhalten von Anlegern konstant oder gibt es vielmehr bestimmte Zeiträume, in denen bestimmte Verhaltensweisen stärker zum Vorschein kommen? Meine Annahme war, dass irrationales Verhalten, wie in der Prospect Theory, durch Tumult und Aufregung an den Aktienmärkten befeuert wird. Deshalb habe ich mich auf einen Vergleich von Bubble Perioden mit normalen Marktbedingungen entschieden.

 

JUMS: Du sprichst davon, dass in bubbles die Beteiligung einzelner Investoren zunimmt und dementsprechend auch die Überbewertung einzelner Aktien zunimmt – warum besteht da ein Zusammenhang?
Maximilian Piehler: Während einer Blase am Aktienmarkt erreichen irrationale Investoren positive (Kauf-)Informationen für bestimmte Aktien, sei es durch traditionelle Nachrichten oder das Internet. Für diese Anleger ist es oft schwer, eine fundamentale Analyse des zugrundeliegenden Unternehmens durchzuführen. Deshalb sind sie dazu verleitet diese Aktien zu kaufen. Es gibt Studien, die belegen, dass irrationale Investoren wenige Ressourcen haben, um Aktien auszuwählen und deshalb oft nach der Aufmerksamkeit entscheiden, die diesen zukommt. Wenn viele irrationale Investoren dieselbe Kaufentscheidung treffen, führt das zu einem Preis der Aktie, der nicht auch einer fundamentalen Bewertung basiert.

 

JUMS: Wie unterscheiden sich Anleger, die anhand der Prospektivtheorie Aktien bewerten und Geld investieren, im Vergleich zu anderen Anlegern?
Maximilian Piehler: Ich denke diese Frage wurde teilweise schon beantwortet. Generell zeigen Anleger, die nach der Prospect Theory Aktien bewerten, irrationale Verhaltensweisen bei der Entscheidung vom Aktienkauf. Zusätzlich könnte man auch davon ausgehen, dass diese Verhaltensweisen eher kleinere Anleger betreffen, da diese nicht genügend Ressourcen besitzen, um sich über zugrundeliegende Unternehmen zu informieren.

 

JUMS: Kannst Du unseren Leser*innen noch einen Tipp geben, wobei man bei der Erstellung einer Abschlussarbeit achten sollte?
Maximilian Piehler: Bei der Abschlussarbeit war für mich besonders das Zeitmanagement wichtig. Ich denke es ist gut, so früh wie möglich anzufangen, auch wenn in den ersten zwei Monaten vielleicht noch keinen Satz geschrieben wird. Viel Lesen und ein Verständnis für die Literatur im speziellen Bereich finde ich auch wichtig. Es geht auch darum sehr selbstkritisch zu sein, wenn etwas nicht logisch erscheint, sollte es überprüft werden. Überprüfte aber unerwünschte Ergebnisse sollte man nicht ignorieren. In meinem Fall konnte ich meine Hypothese nicht vollständig belegen – trotzdem waren die Ergebnisse am Ende relevant.

 

JUMS: Wie bist Du auf die Idee gekommen, deine Arbeit bei JUMS einzureichen?
Maximilian Piehler: Ich bin in der Universität auf JUMS aufmerksam geworden. Da ich sehr viel Arbeit und Zeit in die Masterarbeit gesteckt habe, wollte ich nicht, dass sie einfach verschwindet. Anhand meiner Note war mir bewusst, dass die Arbeit sehr gut war, ich wollte jedoch auch zusätzliches Feedback in einem Blind-Review. Vielen Dank nochmals an JUMS!

 

JUMS: Du bist nun nach deinem Masterabschluss bei der Allianz im Bereich Real Estate beschäftigt. Wäre die Wissenschaft dennoch in Zukunft etwas für Dich?
Maximilian Piehler: Ich bin an sehr vielen Themen interessiert und kann mir einen Wechsel in die Wissenschaft vorstellen. Zurzeit genieße ich es jedoch, in einen mir vorher nicht sehr bekannten Bereich einzutauchen. Grundsätzliche Probleme für eine wissenschaftliche Karriere ergeben sich bei mir aus der heutigen Situation – Teilzeitstellen und Befristungen zusätzlich zu niedrigen Gehältern machen Stellen an Universitäten aus meiner Sicht unattraktiv. Ich denke hier wäre die Politik in der Pflicht bessere Voraussetzungen zu schaffen.

 

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…
Maximilian Piehler: ….. bestätigt und vor Augen geführt zu bekommen, wieviel man in 5 Jahren Studium gelernt hat.

 

JUMS: Vielen Dank für die Einblicke und deine Zeit, lieber Maximilian. Wir wünschen dir viel Erfolg für die kommenden Lebensabschnitte und würden uns freuen, auch in Zukunft wissenschaftliche Arbeiten von dir zu lesen!