JUMS trifft … Markus Gebhart
JUMS veröffentlicht nicht nur – wir recherchieren auch.
Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.
Heute haben wir uns mit Markus Gebhart von der Ludwig-Maximilians-Universität München getroffen, dessen Masterarbeit „Die Quellenbesteuerung bei digitalen Transaktionen – Status quo und mögliche Handlungsalternativen“ in der 17. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.
Steckbrief: Markus Gebhart
Titel der Arbeit:
Die Quellenbesteuerung bei digitalen Transaktionen – Status quo und mögliche Handlungsalternativen
Art der Arbeit, Hochschule:
Masterarbeit, Ludwig-Maximilian-Universität München
Aktuelle Tätigkeiten:
Steuerassistent bei WTS
JUMS Ausgabe:
Junior Management Science 5(4), 2020, S. 477-511
Artikel-Seite:
Interview
JUMS: Lieber Markus, in Deiner Masterarbeit widmest Du Dich einem Problem, dass auch in den Medien immer wieder präsent ist: Internationale digitale Werbeunternehmen wie etwa Facebook zahlen in Deutschland und in der EU oft kaum Steuern. Wie kommt es, dass Du Dich für dieses Masterarbeitsthema entschieden hast? Welche Auswirkungen des Status quo findest Du am problematischsten?
Markus Gebhart: Die ursprüngliche Idee für das Thema entstand in Kooperation zwischen meiner Betreuerin an der Uni, einem Praxispartner des Lehrstuhls und mir. Das besondere an dem Thema war von Anfang an, dass die der Arbeit zugrundeliegende Frage – ob derzeit deutsche Besteuerungsrechte an digitalen Werbeleistungen bestehen, die rein digital mithilfe des Internets im Inland erbracht werden – zu diesem Zeitpunkt bereits erstmalig in Betriebsprüfungen aufgeworfen wurde und somit für viele Unternehmen brandaktuell war. Für mich hat sich damit die Gelegenheit geboten den Diskurs „live“ mitzuverfolgen, sei es nun in fachlichen Vortragsveranstaltungen und Publikationen oder aufgrund der Aktualität des Themas auch in den Printmedien.
In meiner Arbeit komme ich zu dem Ergebnis, dass Deutschland derzeit in Ermangelung einer physischen Präsenz im Inland in der Regel nicht in der Lage ist, die Erbringung digitaler Werbeleistungen in Deutschland steuerlich zu erfassen. Unter der kritischen Annahme, dass durch solche Leistungen jedoch tatsächlich Wertschöpfung im Inland stattfindet ist damit auch in Deutschland Handlungsbedarf gegeben, um die Besteuerung digitaler Werbeleistungen im Inland sicherzustellen.
JUMS: Du hast Dich zu Beginn mit den supranationalen Bemühungen zur Lösung des Missstandes sowie mit den bestehenden deutschen Steuergesetzen auseinandergesetzt. Könntest Du uns Deine Erkenntnisse kurz zusammenfassen?
Markus Gebhart: International wird auf Ebene der OECD und der EU bereits seit einigen Jahren versucht, eine konsensfähige Lösung für die vielfältigen steuerlichen Probleme zu erarbeiten, welche digitale Geschäftsmodelle im internationalen Steuerrecht mit sich bringen. Da bislang jedoch solch ein supranationaler Konsens nicht gefunden werden konnte, gehen mittlerweile viele Staaten dazu über, ihre eigenen nationalen Maßnahmen zu ergreifen, um Besteuerungsrechte an Erbringern digitaler Geschäftsmodelle sicherzustellen.
In den nationalen Steuergesetzen Deutschlands gibt es derzeit keine eigenen steuerlichen Anknüpfungspunkte für die Besteuerung digitaler Werbeleistungen, sodass diese neuen Geschäftsmodelle unter bereits bestehende steuerliche Tatbestände subsumiert werden müssen. Im Ergebnis verbleiben in Deutschland jedoch nur dann Besteuerungsrechte, wenn die Erbringer digitaler Werbeleistungen in Deutschland durch eine sogenannte Betriebsstätte im Inland physisch präsent sind. An einer solchen physischen Präsenz mangelt es jedoch oftmals. Insbesondere stellt die Erbringung digitaler Werbeleistungen in aller Regel auch keine Rechteüberlassung dar, mit der Teile der Finanzverwaltung zeitweise die Verpflichtung einer Quellenbesteuerung in Deutschland rechtfertigten, sondern die Erbringung einer Dienstleistung, welche wiederum in Ermangelung einer physischen Betriebsstätte in Deutschland nicht der Besteuerung unterliegt.
JUMS: Welche Alternativen gibt es zu den bestehenden Regelungen? Welche Lösungsansätze für das Problem schlägst Du vor?
Markus Gebhart: Zum Zeitpunkt meiner Masterarbeit wurden auf Ebene der Europäischen Union insbesondere zwei Richtlinienentwürfe diskutiert; die Einführung einer Digitalsteuer sowie die Besteuerung auf Grundlage des Konzepts einer signifikanten digitalen Präsenz. Beide Richtlinienentwürfe haben zum Ziel, bestimmte Sachverhalte innerhalb der Europäischen Union, meist die Erbringung digitaler Dienstleistungen wie z.B. digitale Werbeleistungen, der Besteuerung zu unterwerfen. Obwohl beide Konzepte grundsätzlich in der Lage wären unter anderem auch digitale Werbeleistungen steuerlich zu erfassen, sind sie mit erheblichen Problemen behaftet, sodass eine Einführung in derzeitiger Ausgestaltung nicht empfohlen werden kann. Auch auf politischer Ebene konnten beide Richtlinienentwürfe bislang nicht überzeugen, sodass eine Einführung bereits mehrfach an der Einstimmigkeit der EU Mitgliedsstaaten gescheitert ist.
Auch in meiner Arbeit kann ich daher die Frage nicht abschließend beantworten, wie deutsche Besteuerungsrechte an digitalen (Werbe-)Dienstleistungen in Zukunft sichergestellt werden können. Da digitale Geschäftsmodelle jedoch eine globale Herausforderung für das internationale Steuersystem darstellen, bleibt zu wünschen, dass auch weiterhin eine Lösung der damit einhergehenden Probleme auf supranationaler Ebene angestrebt wird, um einen Flickenteppich an nationalen Einzelregelungen zu vermeiden.
JUMS: Bei JUMS bist Du ja schon ein bekanntes Gesicht. Du hast bereits Deine Bachelorarbeit bei uns veröffentlicht und an der JUMS-Konferenz teilgenommen. Wir freuen uns, Dich auf Deinem Weg bis hierhin begleitet zu haben und hoffen natürlich, dass Du uns verbunden bleibst. Was sind Deiner Meinung nach Gründe, weshalb andere Studierende ihre Arbeiten bei uns einreichen sollten?
Markus Gebhart: Junior Management Science ist für Studierende in meinen Augen eine wunderbare Möglichkeit erste Erfahrungen in der Welt des wissenschaftlichen Publizierens zu sammeln. Zum einen bietet die Einreichung die Möglichkeit ausführliches Feedback von zwei weiteren Wissenschaftlern zur eigenen Arbeit zu erhalten und diese damit mit einem gewissen zeitlichen Abstand nochmals zu reflektieren und daraus für zukünftige Arbeiten zu lernen. Zum anderen eröffnet eine Publikation bei JUMS die Chance, die Abschlussarbeit aufgrund des Open-Access-Formats einer sehr breiten Leserschaft zugänglich zu machen und so zum wissenschaftlichen Diskurs beizutragen.
Ein ganz besonderes Highlight war für mich auch die wiederholte Teilnahme an der JUMS-Konferenz und die damit verbundene Gelegenheit, meine Abschlussarbeiten vor einem Livepublikum zu präsentieren und zu diskutieren. Natürlich ist es dabei auch immer schön, die JUMS-Redaktion sowie die weiteren Autoren und die an den Konferenzen teilnehmenden Wissenschaftler in ungezwungener Atmosphäre kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen.
JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir Dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”
Markus Gebhart: …die Gelegenheit ganz in ein Thema, für das man brennt, einzutauchen und seinen eigenen kleinen Beitrag zur Wissenschaft leisten zu können; gedankliche Hürden zu überwinden und Erfolgsmomente auf dem Weg zur finalen Arbeit zu feiern aber auch zu lernen, spontan auf Probleme zu reagieren und sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen.
Vielen Dank für diese spannenden Einblicke und für Deine Zeit, lieber Markus. JUMS wünscht Dir viel Erfolg für die Zukunft und wir würden uns sehr freuen, auch in der Zukunft wissenschaftliche Arbeiten von Dir zu lesen!