JUMS trifft …Sarah Franziska Kovatsch

JUMS veröffentlicht nicht nur – wir recherchieren auch.

Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns mit Sarah Franziska Kovatsch von der WHU – Otto Beisheim School of Management getroffen, deren Bachelorarbeit „Giving in Unilaterally Rrisky Dictator Games: A Model of Allocation Decisions Under Existential Threat in der 14. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Sarah Franziska Kovatsch

Titel der Arbeit: Giving in Unilaterally Rrisky Dictator Games: A Model of Allocation Decisions Under Existential Threat

Art der Arbeit, Hochschule: Bachelorarbeit, WHU – Otto Beisheim School of Management

Aktuelle Tätigkeiten: Gap Year nach dem Bachelor-Abschluss

JUMS- Ausgabe: Junior Management Science 5(1), 2020, S. 35-49

Artikel-Seite: https://jums.academy/s-f-kovatsch/

Interview

JUMS: Liebe Sarah, Du beschäftigst dich in deiner Abschlussarbeit mit der Fragestellung, ob bei einer existentiellen Bedrohung der Egoismus oder die Großzügigkeit überwiegt. Wie bist Du auf dieses Thema gekommen?
Sarah Franziska Kovatsch: Der Lehrstuhl für Organizational Theory an der WHU ermutigt Studierende dazu, bei der Themenfindung für Abschlussarbeiten kreativ zu werden. Ich fand die Fragestellung spannend und habe dann nach einem Weg gesucht, eine wissenschaftliche Antwort darauf zu finden. Dieses Vorgehen entspricht auch meinem Idealbild von wissenschaftlicher Arbeit.
 


JUMS: Vor deinem Bachelorstudium hast Du ebenfalls Psychologie studiert, war dies für dich ausschlaggebend, eine Verknüpfung zwischen diesen beiden Studienfächern bei deiner Abschlussarbeit herzustellen?
Sarah Franziska Kovatsch: Interdisziplinäre Arbeiten haben mich immer schon fasziniert – die Multiplikatoren, die bei der Synthese unterschiedlicher Denkmuster entstehen, sind extrem wertvoll. Deswegen schätze ich auch die Wissenschaftsphilosophie als akademische Disziplin so stark: ihr Ziel ist es, Synergien zwischen divergenten Methoden zu schaffen.

 

JUMS: In deiner Abschlussarbeit führst Du das Standard-Diktatorenspiel an, kannst Du kurz erklären, wie dieses funktioniert und inwiefern Du dieses für deine Abschlussarbeit genutzt hast?
Sarah Franziska Kovatsch: In der Ursprungsversion des Diktatorenspiels wird einem Spieler, dem „Diktator“ die Verfügungsgewalt über eine fixe Geldsumme (etwa 10€) übertragen. Jeder Diktator bekommt einen zweiten Versuchsteilnehmer als Gegenpart zugewiesen und muss eine unabhängige Allokationsentscheidung treffen: Entweder er behält die ganze Geldsumme für sich oder er teilt sie mit seinem Gegenpart. Rational wäre es, die gesamte Summe selbst zu behalten. Typischerweise wird aber beobachtet, dass Diktatoren ca. 25% des Vermögens an ihren Gegenpart abtreten. In meiner Studie habe ich versucht, herauszufinden, ob sich daran etwas ändert, wenn der Vermögensanteil des Diktators risikobehaftet ist. Durch eine Manipulation der Auszahlungsfunktion kann der Diktator sich plötzlich nicht mehr sicher sein, dass er einen Gewinn realisiert. Der Anteil, den er seinem Gegenpart zugesteht, bleibt aber risikofrei.

 

JUMS: Das Diktator-Game ist mittlerweile ein Standard-Experiment im immer größer werdenden Bereich der Behavioral Economics – also der Verhaltensökonomik. Nicht zuletzt mit Büchern wie „Nudge“ oder „Thinking. Fast and Slow.“ ist dieses interdisziplinäre Gebiet auch einem breiteren, nicht wissenschaftlichen Publikum bekannt geworden. Wieso ist diese Forschungsrichtung so relevant?
Sarah Franziska Kovatsch: Es wäre unpassend, mich an dieser Stelle als Advokat für die wissenschaftliche Relevanz der Verhaltensökonomik zu profilieren. Was mich persönlich so sehr an der Disziplin fasziniert, ist ihre experimentelle Basis. Sie arbeitet sehr nah am Faktor Mensch, ohne dabei den Anspruch quantitativer Analysen zu enttäuschen. Ich glaube, dass verhaltensökonomische Studien z.B. im Bereich Transformations-Management ein deutlich stärkeres Anwendungsprofil haben als andere Formen der wirtschaftswissenschaftlichen Analyse. 

 

JUMS: Welche Ergebnisse hast Du in einer Abschlussarbeit herausgefunden. Wie wirkt sich die existenzielle Bedrohung auf die Entscheidungsfindung aus?
Sarah Franziska Kovatsch: Primär legt meine Studie nahe, dass Allokationsentscheidungen in Diktatorenspielen mit steigendem Risiko seitens des Diktators stärker zugunsten des Gegenparts ausfallen. Anders gesagt: Die Entscheidungsträger im Diktatorenspiel werden großzügiger, je risikobehafteter ihr eigener Vermögensbehalt ist. Diese Tendenz wird nicht allein durch Risikoaversion getrieben, sondern impliziert eine Präferenz für effiziente Kapitalverteilung. Sekundär kann man auf Basis meiner Experimente annehmen, dass existenzielle Bedrohung – sollte es mir gelungen sein, mit meinen Experimenten eine solche Bedingung zu modellieren – Großzügigkeit in Allokationsentscheidungen fördert. 

 

JUMS: Du befindest dich aktuell in deinem Gap Year nach deinem Bachelorabschluss. Wie hast Du dein Gap Year gestaltet und wie geht es für dich weiter? Steht als nächstes der Master an?
Sarah Franziska Kovatsch: In meinem Gap Year ging es primär darum, raus in die Wirtschaft zu kommen. Ich habe mit der Wissenschaft aber definitiv noch nicht abgeschlossen, im Herbst beginne ich mit meinem Master.

 

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”
Sarah Franziska Kovatsch: … methodisch sowie inhaltlich frei wählen zu dürfen, womit ich mich in meinem Studium beschäftigen möchte – ein sehr freiheitliches Konzept. 

 

JUMS: Vielen Dank, liebe Sarah, für die interessanten Einblicke in deine Arbeit und welche Tipps du unseren Leserinnen und Lesern geben kannst. Wir wünschen dir für deine weitere Zukunft viel Erfolg!