JUMS trifft … Volker Stinshoff

JUMS veröffentlicht nicht nur – wir recherchieren auch.

Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns mit Volker Stinshoff von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, dessen Masterarbeit „Selbst gemacht ist gut gemacht? Der Einfluss von Self-Service Reporting auf die Qualität von Managemententscheidungen“ in der 15. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Volker Stinshoff

Titel der Arbeit:

Selbst gemacht ist gut gemacht? Der Einfluss von Self-Service Reporting auf die Qualität von Managemententscheidungen

Art der Arbeit, Hochschule:

Masterarbeit,   Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Aktuelle Tätigkeiten:  

JUMS- Ausgabe:

Junior Management Science 5(2), 2020, S. 223-245

Artikel-Seite:

Interview

JUMS: Lieber Volker, Du hast dich in deiner Arbeit mit dem Einfluss von Self-Service Reporting auf die Qualität von Managemententscheidungen beschäftigt. Was genau ist Self-Service Reporting und was sind typische Instrumente, die dafür verwendet werden?
Volker Stinshoff: Self-Service Reporting zeichnet sich dadurch aus, dass Entscheidungsträger durch vorgefertigte technologische Lösungen in die Situation versetzt werden, schnell und ohne  großen Analyse-Aufwand die für ihre Entscheidungssituation benötigten Informationen, Kennzahlen oder Berechnungen selbstständig zu beschaffen. Dafür werden verschiedene Analysen entwickelt und über eine Plattform zur Verfügung gestellt. Die Nutzer können die für sie relevanten Berichte auswählen und je nach Ausgestaltung mehr oder weniger stark auf ihre konkreten Anforderungen zuschneiden.

 

JUMS: Was für Informationen werden dabei üblicherweise gesammelt?
Volker Stinshoff: Grundsätzlich können alle Informationen verarbeitet werden, die im Unternehmen anfallen oder gesammelt werden können. Sicher werden häufig Finanzdaten analysiert, aber genauso denkbar ist die Nutzung anderer Daten, bspw. aus der Produktion oder dem Marketing. Entscheidend ist, dass die Daten regelmäßig anfallen und eine konsistente Datenbasis liefern, damit die vorgefertigten Analysen wiederholt auf neue Daten angewandt werden können, ohne dass größere Anpassungen nötig wären.

 

JUMS: Wie bist Du auf dein Thema gekommen?
Volker Stinshoff: Das Thema Self-Service erfährt zuletzt hohe Aufmerksamkeit und war so ein Schwerpunktthema des Lehrstuhls. Zudem habe ich mich während des Studiums schon häufiger mit Biases, also Entscheidungsdefekten, insbesondere im Zusammenhang mit modernen Informationstechnologien beschäftigt. Schließlich wollte ich gerne eine empirische Arbeit schreiben.

 

JUMS: Du kommst zu dem Ergebnis, dass Self-Service Reporting einen negativen Einfluss auf die Qualität von Managerentscheidungen hat. Ist das nicht konterintuitiv, wenn man davon ausgeht, dass eigentlich Entscheidungen mit größerer Informationsdichte getroffen werden können? Gibt es Bereiche, die besonders betroffen sind?
Volker Stinshoff: In der Arbeit wurde dezidiert die Wirkung des unterschiedlichen Zugangs zu Informationen untersucht. Der Umfang der Informationen spielte keine Rolle. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Entscheidungsqualität abnimmt, da der Entscheider durch die Sichtung und Auswahl der relevanten Informationen stärker gefordert wird.

 

JUMS: War es für dich überraschend, dass das Self-Service Reporting einen negativen Einfluss hat? Bzw. mit welcher Erwartungshaltung hast Du das Experiment begonnen?
Volker Stinshoff: Die Kernhypothese in meiner Arbeit lautete, dass die Entscheidungsbereitschaft durch Self-Service-Instrumente negativ beeinflusst wird. Die Auswirkungen auf die Qualität der Entscheidung war eine Nebenhypothese, allerdings habe ich hier keinen negativen Einfluss erwartet. Zusammengeführt lautete die Hypothese, dass die Qualität der Entscheidung konstant bleibt, aber die Bereitschaft zum Treffen der Entscheidung abnimmt. Ich war von dem Ergebnis der geminderten Entscheidungsqualität also schon überrascht.

 

JUMS: Zur empirischen Messung hast Du ein Experiment verwendet, bei denen zwei Gruppen unterschiedliche Informationen erhalten haben und auf der Grundlage Entscheidungen treffen mussten. Wie genau sah dein Experiment aus?. Was für Entscheidungen musste die Probanden treffen? Welchen Vorteil hat eine solche Datenerhebung?
Volker Stinshoff: Die Probanden wurden mit einer Investitionsentscheidung konfrontiert. Zwei Alternativen standen zur Wahl, zudem konnte die Entscheidung aufgeschoben oder beide Alternativen abgelehnt werden. Eine der beiden Alternativen war eindeutig vorziehenswürdig und war somit die „richtige“ Entscheidung. Die Probanden erhielten einige Informationen zu beiden Alternativen, finanzielle Kennzahlen sowie qualitative Merkmale. Die Informationen waren bei beiden Gruppen absolut identisch, unterschiedlich war nur deren Präsentation. Eine Gruppe erhielt eine tabellarische Übersicht, wodurch ein durch Dritte angefertigter Bericht nachempfunden wurde. Die andere Gruppe musste die Informationen durch das Anwählen verschiedener Schaltflächen erst einblenden, diese Gruppe konnte die Informationen also aktiv auswählen. Dadurch wurde ein Self-Service-Instrument simuliert. Indem beide Gruppen die identische Situation antreffen, die sich in genau einem Aspekt unterscheidet, können Unterschiede in den Antworten auf diesen Aspekt zurückgeführt werden.

 

JUMS: Kannst Du unseren Leser*innen einen Tipp geben, worauf man bei einer solchen Datenerhebung achten sollte?
Volker Stinshoff: Entscheidend ist, dass genau überlegt wird, was untersucht werden soll. Dies ist dann der Punkt, an dem sich die beiden Gruppen unterscheiden. Alle übrigen Informationen, Beschreibungen und Formulierungen sollten exakt gleich sein. Zum Beispiel war bei meiner Studie entscheidend, dass beide Gruppen dieselben Informationen erhalten, schließlich wollte ich den Einfluss des Einsatzes von Self-Service messen und nicht den Einfluss von mehr oder weniger Informationen.

 

JUMS: Wieso bist Du auf die Idee gekommen, deine Abschlussarbeit bei JUMS einzureichen?
Volker Stinshoff: Meine Professorin hat mir nach der Bewertung vorgeschlagen, die Arbeit einzureichen. Ich fand es spannend, dass andere Wissenschaftler, die auch in diesem eher unerforschten Gebiet aktiv sind, meine Arbeit finden und meine Ergebnisse aufgreifen können.

 

JUMS: Du hast jetzt deinen Master in Düsseldorf abgeschlossen. Wie geht es jetzt für dich weiter und beeinflusst die Corona-Situation deine Zukunftspläne?
Volker Stinshoff: Seit dem Ende meine Studiums arbeite ich bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der IT-Prüfung. Für mich beschränken sich die Auswirkungen von Corona darauf, dass ich bisher deutlich mehr Zeit im Home Office als mit den Kollegen im Büro verbracht habe.

 

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”
Volker Stinshoff:
… die Gelegenheit zu haben, viel Zeit und Energie auf ein Thema verwenden zu können.