JUMS trifft … Daniel Martin Teichmann

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Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns mit Daniel Martin Teichmann von der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf getroffen, dessen Bachelorarbeit „Grunderwerbsteuerliche Konsequenzen der Umstrukturierung von Konzernen“ in der 13. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Daniel Martin Teichmann

Titel der Arbeit:
Grunderwerbsteuerliche Konsequenzen der Umstrukturierung von Konzernen

Art der Arbeit, Hochschule:
Bachelorarbeit, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf 

Aktuelle Tätigkeiten:
Masterstudium BWL an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf und wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre insbes. Betriebliche Steuerlehre bei Prof. Dr. Guido Förster

JUMS- Ausgabe:
Junior Management Science 4(4), 2019, S. 635-655

Artikel-Seite:

https://jums.academy/d-m-teichmann/

Interview

JUMS: Lieber Daniel, Du untersuchst in Deiner Abschlussarbeit, inwiefern die Umstrukturierung von Konzernen grunderwerbsteuerliche (GrESt) Konsequenzen mit sich bringt. Wie bist Du zu diesem Thema gekommen?
Daniel M. Teichmann: Den Themenkern habe ich in enger Zusammenarbeit mit meinem Professor für Steuerlehre, Herrn Prof. Dr. Förster, erarbeitet. Dazu muss man wissen, dass sich Herr Prof. Dr. Förster bereits in seiner Dissertation intensiv mit der Umstrukturierung von Unternehmungen befasst hat und zudem bestens mit den Entwicklungen im Grunderwerbsteuerrecht vertraut ist. Da ich die Grunderwerbsteuer (GrESt) im Studium bis zu diesem Zeitpunkt eher nur gestreift hatte, war ich offen dafür, mir vertiefte Kenntnisse anzueignen. Darüber hinaus habe ich in der Vorbereitung umfangreiche und aussagekräftige Literatur vorgefunden, die mir gezeigt hat, welche praktische Relevanz die steuerliche Behandlung von Umstrukturierungen in Konzernen hat. Die wahrgenommene Dynamik und Dringlichkeit des Themas haben mich schnell gefesselt.

JUMS: Welche Konsequenzen kann denn eine Umstrukturierung von Konzernen haben? Und wieso spielt die Grunderwerbsteuer (GrESt) dabei eine Rolle?
Daniel M. Teichmann: Das Zusammenspiel zwischen einer konzerninternen Umstrukturierung und ihrer Gefährdung durch die GrESt lässt sich m.E. leicht nachvollziehen. Auf einen Nenner gebracht, umfasst der Begriff Umstrukturierung die Veränderung von Elementen der rechtlichen oder wirtschaftlichen Betriebsstruktur. Sofern im Rahmen dessen eine Grundstücksübertragung oder der Anteilswechsel an einer Gesellschaft mit Grundbesitz (sog. Share Deal) vollzogen wird, bewirkt die Restrukturierung einen steuerbaren Rechtsträgerwechsel gem. § 1 GrEStG. Eine Marktberührung oder Entgeltzahlung ist nicht erforderlich, weshalb auch unentgeltliche konzerninterne Vorgänge die GrESt auslösen. Da eine Umstrukturierung im Konzern jedoch regelmäßig keinen Mittelzufluss generiert, stellt die steuerliche Leistungsfähigkeit eine Herausforderung dar. Insbesondere vor dem Hintergrund steigender Immobilienpreise hat sich die GrESt aktuell zu einem maßgeblichen Kostenfaktor entwickelt, der ein Vorhaben sogar in Gänze scheitern lassen kann.

JUMS: Die Grunderwerbsteuer wird für Privatpersonen ebenso wie für Konzerne fällig, sobald eine Grundstücksübertragung/-kauf ansteht. Vor dem Hintergrund möglicher grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen können (notwendige) Konzernumstrukturierungen unattraktiv werden. Dennoch gibt es steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten für Konzerne, so z.B. Share Deals. Wie funktionieren diese und zu welchem Ergebnis kann das für eine Unternehmensstrukturierung dann führen?
Daniel M. Teichmann: Bei einem Share Deal werden lediglich die Anteile an einem Konzernunternehmen transferiert, welches das Immobilieneigentum innehat. Rechtlich basiert ein solches Geschäft z.B. auf einem Kauf oder Umwandlungsvorgang. Das Gegenstück stellt der sog. Asset Deal dar, wobei das Grundstück selbst – wie unter Privatpersonen – direkt übertragen wird. Zivilrechtlich verändert ein Share Deal jedoch nie die eigentumsrechtlichen Verhältnisse und das Grundstück verbleibt weiterhin beim ursprünglichen Unternehmen. Um trotz dessen eine Steuerbarkeit herbeizuführen, wird der Erwerber einer grundbesitzenden Beteiligung von mindestens 95 % gem. § 1 Abs. 3 GrEStG so gestellt, als erwerbe er das Grundstück selbst. Der erforderliche Rechtsträgerwechsel basiert daher auf einer bloßen gesetzlichen Fiktion. Umgekehrt bleiben Transaktionen von der GrESt verschont, die maximal 94,9 % der Anteile umfassen, während der Rest z.B. beim Alteigentümer verbleibt. Durch die vorausschauende Überwachung konzerninterner Beteiligungsquoten lässt sich eine Besteuerung mithilfe eines Share Deals nach aktueller Rechtslage also effektiv vermeiden.
Stehen die Umstrukturierungsziele dem Beteiligungsmanagement entgegen, rückt die steuerliche Bemessungsgrundlage in den Fokus. Das Potenzial zur Absenkung erweist sich jedoch als eingeschränkt, weil die Steuerhöhe für Share Deals stets am Wert des übergehenden Grundbesitzes anknüpft. Für diesen schreibt das Bewertungsgesetz feste Ermittlungsmethoden vor. Immerhin kann sich über Umwege zumindest ein begrenztes Verfahrenswahlrecht ergeben.
Als letztes besteht die Möglichkeit, den Share Deal mit der Vorschrift § 6a GrEStG abzustimmen, welcher konzerninterne Restrukturierungen grds. steuerfrei stellt. Im Detail gestaltet sich die Anwendung indes als heikel und planungsintensiv. Ein enormes Praxishindernis verkörpert die Mindestbeteiligung von 95 %, welche an den betroffenen Konzerngesellschaften gehalten werden muss. Dieser Status quo ist bereits fünf Jahre vor der Umstrukturierung verpflichtend herzustellen und unverändert weitere fünf Jahre nach der Restrukturierung beizubehalten. Zudem halte ich die Kenntnis der sog. Ländererlasse für unerlässlich, in denen die Finanzverwaltung ihr komplexes Verständnis von § 6a GrEStG darlegt und den Tatbestand teils eigenwillig konkretisiert.
Trotz aller Fallstricke bleibt im Ergebnis jedoch festzuhalten, dass der Share Deal die effektivsten Ansatzpunkte für eine Gestaltung der GrESt bereithält. Zur ganzen Wahrheit gehört indes auch: der bequemste Weg eine steuerneutrale Umstrukturierung zu erreichen, besteht oft schlicht darin, jede Bewegung von Grundbesitz innerhalb des Konzerngefüges zu vermeiden.

JUMS: Vor diesem Hintergrund stand im Jahr 2019 eine Reform des Grunderwerbsteuergesetzes insbesondere mit Blick auf die Share Deals in der politischen Diskussion. Wie bewertest Du die politischen Initiativen vor dem Hintergrund der Ergebnisse Deiner Bachelorarbeit?
Daniel M. Teichmann: Kurz zur Einordnung: Das Reformpaket befindet sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren und die politischen Akteure ringen um Detailfragen. So hat sich die Bundesregierung am 25. September 2019 nur teilweise positiv zu (Änderungs-)Vorschlägen des Bundesrates geäußert. Inwieweit die inhaltlichen Kritikpunkte der Bundesländer aufgegriffen werden, bleibt ungewiss, obwohl es sich um ein sog. Zustimmungsgesetz handelt. Im Kern soll die Neuregelung der Share Deals mithilfe des Ergänzungstatbestandes § 1 Abs. 2b GrEStG-E umgesetzt werden, wonach jede Kapitalgesellschaft mit inländischem Grundbesitz zukünftig Grunderwerbsteuer zahlt, falls innerhalb von zehn Jahren 90 % der Anteilseigner neu hinzugekommen sind. Der Bundesrat regt immerhin die Einführung einer sog. Börsenklausel an, womit die Neuregelung nicht für börsennotierte Kapitalgesellschaften gelten würde. Korrespondierend dazu sollen auch die Schwellenwerte im bereits angesprochenen § 1 Abs. 3 GrEStG auf 90 % gesenkt werden. Interessanterweise betrifft die Novellierung allerdings nicht § 6a GrEStG, weshalb es hier überspitzt gesagt zu einer tatbestandlichen Trennung von Steuerbarkeit und -begünstigung kommt.
Obgleich die legislative Reform des Share Deals vorrangig missbräuchliche Gestaltungen adressieren soll, stufe ich – selbst ein ggf. entschärftes – Novellierungspaket als kritisch ein. Umstrukturierungen im konzerninternen Umfeld fungieren häufig als Wachstumsbeschleuniger und sichern den betriebswirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Trotzdem werden sie deutlich erschwert. Daneben sind voraussichtlich keine weitreichenden Übergangsregelungen vorgesehen, obwohl das Reformpaket steuergestaltende Planungen tangiert, deren Ursprungspunkt bis weit in die Vergangenheit reicht. Immerhin plädiert der Bundesrat dafür, dass etwaige Anteilswechsel erst mit Inkrafttreten der Reform für den Tatbestand von § 1 Abs. 2b GrEStG-E relevant sein sollen.
Als durchweg positiv werte ich dagegen das EuGH-Urteil vom 9. Dezember 2018, wonach § 6a GrEStG keine unionsrechtswidrige Beihilfe gem. Artikel 107 Abs. 1 AEUV darstellt. Infolgedessen erstarkt der Begünstigungstatbestand wieder zu einer ernstzunehmenden Gestaltungsoption. Aufgrund des abgeschlossenen Vorabentscheidungsverfahrens hat sich seit Ende August 2019 außerdem der BFH mehrfach zur Einhaltung der Vor- und Nachbehaltensfrist geäußert und § 6a GrEStG im Grundsatz weit ausgelegt. Obgleich die vorliegenden Urteile lediglich Umstrukturierungen i.R.v. Umwandlungsvorgängen erfassen, gewinnt § 6a GrEStG somit weiter an Bedeutung. Leider muss ich hinzufügen, dass die ergangenen Entscheidungen der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung widersprechen, weshalb ein sog. Nichtanwendungserlass möglich erscheint.
Insgesamt gesehen zeichnet sich zukünftig eine erhebliche Mehrbelastung von Immobilien-Transaktionen wie Share Deals ab, wodurch Deutschland im weltweiten Investitionswettbewerb weiter an Boden verliert. Kein anderes EU-Land besteuert Grunderwerb so hoch und die gesetzlichen Novellierungen steigern die Anforderungen an die ohnehin kostenintensiven internen Compliance-Systeme. Trotz der positiven Entscheidungen des BFH bzgl. § 6a GrEStG fehlt es an ausreichender Rechtssicherheit, sodass Entscheidungsträger weiterhin vor großen Herausforderungen stehen.

JUMS: Du hast Dich nun einige Zeit mit der Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit befasst. Gibt es einen Tipp oder Ratschlag, den Du unseren Lesern mit auf den Weg geben kannst?
Daniel M. Teichmann: Es mag banal klingen, aber m.E. steht und fällt eine wissenschaftliche Arbeit mit ihrer inhaltlichen Vorbereitung und insbesondere dem Quellenmanagement. Wer bereits vor Formulierung der Einleitung seine inhaltliche Agenda vor Augen hat und mit der relevanten Literatur vertraut ist, spart sich Zeit und Nerven. Darüber hinaus sollte sich jeder Ersteller frühzeitig und intensiv mit den vom Lehrstuhl geforderten Formalien auseinandersetzen, um unnötige (Form-) Fehler zu vermeiden. Ich halte es auch für lohnend zu Übungszwecken eine Projektarbeit an demselben Lehrstuhl zu verfassen. Wenn man sich persönlich mit dem Thema identifizieren kann, ist die Grundlage für eine qualitativ überdurchschnittliche Abschlussarbeit gelegt.

JUMS: Du absolvierst aktuell Deinen Master in Wirtschaftswissenschaften, hast Du schon Pläne für die Zeit nach Deinem Masterabschluss und wäre die Wissenschaft eine Option für Dich?
Daniel M. Teichmann: Ich war bis Ende Februar 2020 als Werkstudent in der Abteilung Global Employer Services bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte in Düsseldorf tätig und habe vom fachlichen und praktischen Know-how meiner Kollegen im Geschäftsbereich Tax & Legal umfassend profitiert. Seit März freue ich mich, meine letzten beiden Semestern als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Förster tätig zu werden und der Steuerlehre wieder vermehrt vom akademischen Blickwinkel aus zu begegnen. Der universitäre Lehrkörper als solches reizt mich durchaus, weshalb ich eine wissenschaftliche Karriere nicht von vornherein ausschließen möchte. Aufgrund der begrenzten betriebswirtschaftlichen Promotionsstellen für eine Vielzahl von talentierten Absolventen halte ich einen Einstieg in der Privatwirtschaft gleichwohl für viel wahrscheinlicher. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen, die ich bei Deloitte sammeln durfte, favorisiere ich zu Beginn definitiv eine Anstellung bei einer der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir Dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”
Daniel M. Teichmann: …einen intellektuellen Marathon zu absolvieren – mental Himmel und Hölle zugleich – inklusive des unbeschreiblichen Glücksgefühls am Ende mit der Abgabe.

JUMS: Vielen Dank, lieber Daniel, für die interessanten Einblicke in Deine Arbeit und die Tipps für unsere Leserinnen und Lesern. Wir wünschen Dir für Deine weitere Zukunft viel Erfolg!

Die wiedergegebenen Inhalte des Interviews stellen Einordnungen und Meinungen des Autors dar und spiegeln nicht die Meinung von Junior Management Science wider.