JUMS trifft … Christina Winder

JUMS veröffentlicht nicht nur – wir recherchieren auch.

Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autor:innen, aber auch Professor:innen und Wissenschaftler:innen, unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns mit Christina Winder von der Universität Liechtenstein getroffen, deren Bachelorarbeit „Analysis of Global Tax Standards of the OECD on Digital Business Models“ in der 18. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Christina Winder

Titel der Arbeit:

Analysis of Global Tax Standards of the OECD on Digital Business Models

Art der Arbeit, Hochschule:

Bachelorarbeit, Universität Liechtenstein

Aktuelle Tätigkeiten:

Berufsanwärterin der Steuerberatung in Bregenz/Österreich

JUMS Ausgabe:

Junior Management Science 6(1), 2021, S. 190-236

Artikel-Seite:

www.jums.academy/c-winder

Interview

JUMS: Liebe Christina, in Deiner Bachelorarbeit setzt Du Dich mit dem Problem auseinander, dass digitale Geschäftsmodelle unter dem geltenden internationalen Steuerrecht nicht effektiv besteuert werden können. Wie kam es, dass Du Dich für dieses Thema entschieden hast?

Christina Winder:

Dafür gab es mehrere Gründe. Für mich war von Anfang an klar, dass ich meine Bachelorarbeit im Bereich des Steuerrechts schreiben werden, da mein Berufswunsch auch in diese Richtung ging. Weiterhin war es mir auch wichtig, ein neues und aktuelles Thema in diesem Bereich zu finden. In den Medien hört man immer wieder von großen Unternehmen wie Google und Co., die eine sehr geringe Konzernsteuerquote aufweisen. Ein weiteres Merkmal dieser Unternehmen ist es auch, dass diese oft digitale Geschäftsmodelle haben und die legale Steuervermeidung dadurch noch einfacher wird. Die Problemstellung war für mich sehr spannend und interessant und dass die OECD brandaktuell versucht, eine Lösung für dieses Problem zu finden, hat mein Interesse für dieses Themengebiet geweckt.

JUMS: Kannst Du unseren Leser:innen kurz erläutern, was das Problem am Status Quo des internationalen Steuersystems ist?

Christina Winder:

Es ist bekannt, dass bestimmte Staaten, wie beispielsweise die Bahamas oder auch Irland, als Steuerparadiese deklariert sind, da diese keine oder nur sehr geringe Steuersätze für Unternehmen aufweisen. Große Konzerne nutzen dies natürlich aus und siedeln sich in diesen Niedrigsteuerländern an, um möglichst keine bzw. wenige Steuern auf Ihre Gewinne zu zahlen. Durch die digitalen Geschäftsmodelle wird dieses Problem noch weiter verschärft, da diese Konzerne in den Marktstaaten keine Betriebsstätten mehr benötigen. Da jedoch in vielen Staaten aufgrund des Betriebsstättenprinzips besteuert wird, entziehen sich die Konzerne vollkommen der Besteuerung in den Marktstaaten. Hier knüpft die Lösung der OECD an und will die digitalen Geschäftsmodelle nun auch in den Marktstaaten, also beispielsweise dort wo sich die User:innen von Google befinden, besteuern.

JUMS: Du fokussierst Dich in Deiner Bachelorarbeit auf die Lösungsansätze der OECD. Wie kam es dazu, dass Du Dir diese Institution ausgesucht hast und nicht andere Akteure wie etwa die EU?

Christina Winder:

Man kann nicht wirklich sagen, dass ich mir die OECD ausgesucht habe. Eher war die OECD hier der einzige Akteur, der aktuell gerade nach einer Lösung sucht. Die anderen Akteure, wie beispielsweise die EU, kommen in diesem Thema gerade nicht wirklich voran. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die EU auf die Lösung der OECD wartet, da die OECD eine größere Mitgliederzahl aufweist. Je größer die Mitgliederanzahl eines solchen Projektes ist, umso effektiver sind solche Maßnahmen natürlich. Hier geht es auch darum, das internationale Steuersystem etwas zu harmonisieren und die Steuervermeidungspraktiken der multinationalen Konzerne einzuschränken. Durch meinen Professor und sein Team, welche in diesem Bereich auch forschen, bin ich auf den neuen Lösungsansatz der OECD gestoßen. Als ich das Thema ausgewählt habe, hat die OECD den Lösungsvorschlag gerade herausgearbeitet. Das Thema war top aktuell und ich habe mich für dieses komplexe Thema entschieden, ohne dass ich den genauen Inhalt bis dato wusste. Dies hatte jedoch auch einen spannenden Anreiz.

JUMS: Die OECD kann Anregungen geben, dass einzelne Staaten nicht als Steuerparadiese fungieren. Was ist von den Vorschlägen der OECD bisher abgedeckt? Was muss passieren, dass diese Vorschläge auch umgesetzt werden?  

Christina Winder:

Die OECD knüpft nun genau daran an, die Unternehmen auch in Ihren Marktstaaten zu besteuern. Somit bringt es einem Konzern dann nicht mehr viel, den Hauptsitz in ein Niedrigsteuerland zu verschieben, da die Gewinne dort versteuert werden, wo die User:innen bzw. Benutzer:innen der digitalen Geschäftsmodelle sitzen.

Die Vorschläge der OECD gehen sicherlich in die richtige Richtung. Bis solche Vorschläge jedoch umgesetzt werden, vergehen oft viele Jahre. Dieses Thema ist jedoch auch politisch hoch brisant, da manche Staaten von dieser neuen Besteuerung profitieren, während andere Staaten an Besteuerungssubstrat verlieren. Hier müssen oft viele Kompromisse eingegangen werden. Vor allem auch Länder mit großen Tech-Unternehmen oder Steuerparadiese wie Irland werden Besteuerungssubstrat verlieren, weshalb solche Staaten dem Lösungsvorschlag nicht zustimmen und sich somit alles in die Länge zieht.

JUMS: Wie kam es dazu, dass Du Deine Abschlussarbeit bei JUMS eingereicht hast?

Christina Winder:

Meine Betreuerin der Bachelorarbeit  an der Universität Liechtenstein, Olivia Hohlwegler, hat Ihre Masterthesis auch bei JUMS eingereicht und hat mir dies weiterempfohlen. Wie es der Zufall will, sind wir nun sogar in der gleichen Ausgabe von JUMS gedruckt worden.

JUMS: Was ist Deine aktuelle Beschäftigung und wie sehen Deine Zukunftspläne aus? Kannst Du Dir vorstellen, langfristig in der Academia zu bleiben?

Christina Winder:

Im Moment bin ich Berufsanwärterin der Steuerberatung in einer Steuerberatungskanzlei in Bregenz/Vorarlberg. Mein Ziel für die Zukunft ist es, die Steuerberaterprüfung in Österreich erfolgreich zu absolvieren. Dies wird jedoch noch etwas dauern. Langfristig bin ich wohl eher in der Praxis der Steuerberatung zu finden.

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir Dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”

Christina Winder:

Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich sehr viel Arbeit und Zeit in etwas zu investieren, auf das man später stolz sein kann.

Vielen Dank für diese spannenden Einblicke und für Deine Zeit, liebe Christina. JUMS wünscht Dir viel Erfolg für die Zukunft und wir würden uns sehr freuen, auch in der Zukunft wissenschaftliche Arbeiten von Dir zu lesen!