JUMS trifft … Marie Wehinger

Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, und unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns dazu mit Marie Wehinger, Bachelor-Absolventin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, getroffen, deren Bachelorarbeit „Corporate Social Responsibility: A Qualitative Analysis on the Strategy Formulation Process” in der 9. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Marie Wehinger

Titel der Arbeit:

Corporate Social Responsibility: A Qualitative Analysis on the Strategy Formulation Process

Art der Arbeit, Hochschule:

Bachelorarbeit, Ludwig-Maximilians-Universität München

Aktuelle Tätigkeiten:

M.Sc. Innovation Management, Entrepreneurship & Sustainability TU Berlin, aktuell Auslandssemester an der UNSW Sydney

JUMS-Ausgabe:

Junior Management Science 3(4), 2018, 65-80

Artikel-Seite:

https://jums.academy/m-wehinger/

Interview

JUMS: Liebe Marie, In den vergangenen Jahren hat die Bedeutung von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung von Firmen unter dem Druck der Gesellschaft, aber auch durch die Politik, deutlich zugenommen. Wie bist Du zum Thema deiner Abschlussarbeit gekommen?

Marie Wehinger: Ich wusste bereits vor Beginn meines Bachelorstudiums, dass ich gerne einen Fokus auf soziale Aspekte in meinem Wirtschaftsstudium legen will. Meines Erachtens wird dieser Aspekt viel zu wenig an deutschen Universitäten beleuchtet. Dabei haben viele Studierende Interesse an diesem Thema und für Organisationen ist es immer wichtiger, ihr Handeln kritisch zu reflektieren. Nachdem ich einen Kurs zum Thema Unternehmensethik belegt habe, war mir klar, dass ich hier gerne meine Thesis schreiben würde. Ich habe daraufhin auch einen Master im Bereich Innovation & Sustainability gewählt – das Thesis-Thema hat meinen Werdegang also stark beeinflusst.

 

JUMS: Mit Corporate Social Responsibility (CSR)-Strategien reagieren Unternehmen auf diesen Druck. Weshalb ist es für ein Unternehmen sinnvoll, oder sogar notwendig, mit CSR auf diesen Druck zu reagieren?

Marie Wehinger: Es gibt hier mehrere Ebenen, welche eine Rolle spielen. Unter anderem sind vor allem Zukunftsfähigkeit und Stakeholder Reputation wichtig. Was die Reputation angeht, werden oft traditionelle philanthropische CSR Strategien zur Hilfe genommen. Zukunftsfähigkeit geht dann eher in die Richtung: Wie kann man durch nachhaltiges Handeln, einen Gewinn machen? Zum Beispiel durch die Einführung einer neuer Innovation, die ressourceneffizienter ist als die bisherigen kann ein Unternehmen zukunftsorientiert agieren und gleichzeitig die Umwelt schonen.

 

JUMS: Um es etwas plastischer zu machen: wie sehen typische CSR-Strategien aus? Was kann man sich darunter vorstellen?

Marie Wehinger: Früher wurde unter einer CSR-Strategie oft nur ein Mix aus philanthropischen Maßnahmen verstanden, wie z.B. die Unterstützung verschiedener NPOs. Die aktuelle Literatur kritisiert diese Strategien vor allem deshalb, da sie oft wenig mit dem Kerngeschäft zu tun haben. CSR Strategien sehen mittlerweile in vielen Unternehmen anders aus: Philanthropische Maßnahmen gibt es (und sollte es auch weiterhin) immer noch, allerdings orientieren sich die Themen oft stärker an dem Kerngeschäft des Unternehmens. Zusätzlich werden viele innovative CSR Strategien ausgeführt, die z.B. Produktionsprozesse oder das Produkt selber betreffen und sich somit direkt positiv auf die Wertschöpfung auswirken. Zum Beispiel, wenn ein Unternehmen seine Energiequellen auf Solarenergie umstellt, und somit zum einen sozialer agiert, aber langfristig damit auch Geld sparen kann. Diese Synergie ist wichtig für nachhaltige CSR Strategien mit weitreichenden Auswirkungen.

 

JUMS: Die richtige Herangehensweise und Methodik, um CSR im Unternehmen einzuführen und anzuwenden, gestaltet sich in der Theorie häufig leichter als in der Praxis. Es fängt an bei der Entwicklung einer CSR-Strategie. Was sind die wichtigsten Schritte und Faktoren, damit das gelingt?

Marie Wehinger: Die Erfassung der Bedürfnisse und Wünsche der Stakeholder sind der erste wichtige Schritt. Dadurch können potenzielle CSR Themen identifiziert werden und nach Ihrer Signifikanz bewertet werden. Daraufhin sollten diese potenziellen Themen auf Schnittstellen mit dem Kerngeschäft beurteilt werden. Dabei ist es essenziell, die Wertschöpfungskette und die Kernfähigkeiten des Unternehmens vor Augen zu haben, um die Themen zu identifizieren, in denen das Unternehmen die größten und nachhaltigsten Auswirkungen erzielen kann. Wenn diese Schritte eingehalten werden, ist schon eine gute Basis geschaffen. Allerdings ist es unerlässlich eine CSR Strategie kontinuierlich zu überprüfen: Passt ein bestimmtes Thema noch? Erzielen wir das richtige Ergebnis? Falls solche Fragen nicht positiv beantwortet werden können, sollte die Strategie neu überdacht werden.

 

JUMS: CSR wird oft vom Top Management angestoßen. Die Umsetzung erfolgt in eigenen Teams oder Abteilungen des Unternehmens. Wie müssen das Top Management und der CSR-bereich zusammenarbeiten, damit effektive CSR-Strategien durchgesetzt werden können?

Marie Wehinger: Das CSR Team sollte bestenfalls in vielen Bereichen des Unternehmens involviert sein, anstatt nur einen separateren Bereich darzustellen. Des Weiteren ist es wichtig, der Leitung des CSR Teams eine relativ hohe Position zu geben – dies geschieht bereits in einigen Unternehmen. Somit kann garantiert werden, dass die CSR Aktivitäten nicht nur beiläufig abgehandelt werden, sondern wirklich mit den Prioritäten des Top Managements übereinstimmen und weitreichende Auswirkungen haben.

 

JUMS: CSR wird von operativen Unternehmensbereich manchmal als unterstützende Funktion wahrgenommen. Damit kommt CSR weniger eine Funktion zu, die das Geld verdient, sondern Geld kostet. Wie kann auf diese Disparität unterschiedlicher Unternehmensfunktionen bei der Einführung einer CSR-Strategie adressiert werden?

Marie Wehinger: Wie oben erwähnt, ist bereits bei der Formulierung der CSR Strategie auf Schnittstellen zwischen dem Kerngeschäft und potenziellen CSR Themen zu achten. Nur wenn Themenfelder ausgewählt werden, bei denen die Mitarbeiter und das Management verstehen, warum diese passend sind, kann ein langfristig nachhaltiger Effekt erzielt werden – ohne eine Disparität zwischen CSR und anderen Bereichen. Zusätzlich ist es wichtig, einen kontinuierlichen Dialog im Unternehmen zu fördern, um sicherzustellen, dass die CSR Strategie akzeptiert und unterstützt wird.

 

JUMS: Du hast dich für eine Einreichung bei unserem wissenschaftlichen Journal Junior Management Science entschieden. Was hat dich dazu motiviert?

Marie Wehinger: Ich finde die Möglichkeit super, zwei unabhängige Bewertungen der Bachelorthesis zu erhalten. Außerdem motiviert hat mich der Gedanke, dass die Thesis vielleicht noch von mehr Leuten gelesen wird. Man steckt so viel Zeit, Arbeit, Geduld etc. in die Thesis – reicht sie ein, und das war es. JUMS gibt Studierenden die Möglichkeit Ihre Erkenntnisse an andere weiterzugeben.

 

JUMS: Wie geht es für dich nach dem Bachelorstudium weiter? Ist die Wissenschaft eine Option?

Marie Wehinger: Ich bin aktuell schon fast am Ende meines Masterstudiums – mein Bachelorstudium habe ich 2017 abgeschlossen. Im Juni fange ich meine Masterthesis an, und da ich mir gut vorstellen kann, eine Doktorarbeit zu schreiben, sollte diese auch eine passende Grundlage hierfür darstellen. Die Masterthesis werde ich im Bereich Social Impact schreiben – ich freue mich schon riesig darauf. Was genau danach passiert, wird sich zeigen. Ich habe eine ungefähre Vorstellung, allerdings will ich auch für andere Optionen offen bleiben.

 

JUMS: Zum Ende des Interviews gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”

Marie Wehinger: intrinsisch motiviert meine ganze Energie, Zeit und Aufmerksam in ein Thema zu stecken, dass mich persönlich interessiert.

 

JUMS: Vielen Dank, liebe Marie, für die interessanten Einblicke, wie Du zum Thema und der Entwicklung deiner Forschungsfrage gekommen bist. Wir wünschen dir für deine weitere Zukunft viel Erfolg!