JUMS trifft … Nadine Eichhorn

JUMS veröffentlicht nicht nur – es recherchiert auch.

Regelmäßig versuchen wir uns dazu mit ehemaligen Autoren aus unserem Journal, aber auch Professoren und Wissenschaftlern zu treffen und diese um Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten zu beten. Schließlich sind sie es, die aus eigener Erfahrung am besten berichten können, was das Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit ausmacht.

Heute haben wir uns dazu mit Nadine Eichhorn, Absolventin der Ludwig-Maximilians-Universität München getroffen, deren Arbeit ‚Relative Performance Information and Financial Incentives in Multidimensional Task Settings – A Conceptual and Experimental Analysis of Effects on Performance and Attention towards Task Dimensions‘  in der letzten Ausgabe von JUMS ausgezeichnet wurde. Sie ist die erste Autorin einer Masterarbeit, die wir hier vorstellen dürfen und kann somit aus einer etwas anderen Perspektive berichten, wie der ideale Schreibprozess einer herausragenden Arbeit aussehen könnte.

Steckbrief: Nadine Eichhorn

Interview

JUMS: Liebe Frau Eichhorn, Sie haben bereits Ihre Bachelor- und ihre Masterarbeit geschrieben. Worin lagen für Sie die größten Unterschiede bei der Herangehensweise und Ausarbeitung der Arbeiten?

 

Nadine Eichhorn: Ich denke, für mich waren zwei Aspekte zentral. Zum einen ist die Bachelorarbeit ja oftmals eine theoretische Arbeit ohne empirischen Anteil und so war es auch in meinem Fall. Die empirische Erhebung im Rahmen einer Masterarbeit erhöht bereits bei der Suche und Definition einer geeigneten Forschungsfrage die Komplexität. Zudem nehmen Planung und Durchführung einer Erhebung sowie deren Auswertung einen entscheidenden Zeitanteil in der Bearbeitungsphase in Anspruch, wodurch Tätigkeiten wie die Literaturrecherche einen sehr viel geringeren Teil ausmachen, als noch in der Bachelorarbeit. Zum anderen ist es natürlich so, dass die Masterarbeit insgesamt eine sehr viel längere Bearbeitungszeit impliziert und man als Studierende dadurch mehr Höhen und Tiefen erlebt, Ergebnisse und Schlussfolgerungen öfter in Frage stellen kann und insgesamt sehr viel mehr Durchhaltvermögen benötigt.

 

JUMS: Was hat Ihnen während der Bearbeitungszeit geholfen sich zu fokussieren und worin liegen Ihrer Meinung nach die größten Gefahren sich zu verkünsteln?

 

Nadine Eichhorn: Mir hat es, ähnlich wie bei der Vorbereitung auf Klausuren o.Ä., sehr geholfen, einen genauen Zeitplan aufzustellen und diesen vor allem immer wieder anzupassen und aktiv danach zu arbeiten. Persönlich habe ich mich am ehesten bei der Auswertung der Daten mit Stata ‚verkünstelt‘, denn hier bin ich in die ‚Falle getappt‘, alle nur möglichen Tests und Regressionen zu fahren, die möglich waren, da zunächst die getesteten Haupteffekte nicht signifikant waren. Da kann man dann schnell den Überblick und wertvolle Zeit verlieren. Als ich dann die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse im Kontext der bestehenden Literatur formuliert habe, ist mir erst klar geworden, welche zusätzlichen Auswertungen tatsächlich sinnvoll sind und zum Erkenntnisgewinn der Arbeit beitragen. Diese musste ich dann oft nochmals wiederholen oder in spezifischer Form neu aufsetzen.

 

JUMS: Lassen Sie uns den Fokus gezielt auf Ihre publizierte Masterarbeit legen: Welchen Fragestellungen haben Sie sich insbesondere gewidmet?

 

Nadine Eichhorn: Ganz allgemein gesprochen, habe ich mich in meiner Arbeit im Rahmen eines Real Effort Laborexperiments mit den Performance-Effekten von Informationen in Form von Performance-Rankings, sowie von leistungsabhängiger Entlohnung, beschäftigt. Diese beiden Formen von Leistungsanreizen habe ich auf eine Situation angewendet, in welcher ein Arbeitnehmer eine gewisse Performance entweder durch Steigerung der Qualität oder der Quantität seiner Arbeit erreichen kann. Ein Beispiel wären Callcenter-Mitarbeiter, die Reisebuchungen bearbeiten. Diese können entweder möglichst viele Kunden in kurzer Zeit abarbeiten, um einen gewissen Buchungswert zu generieren, oder sich aber auch länger mit einzelnen Kunden beschäftigen, um deren Buchungswert durch Upselling zu erhöhen. Ich habe untersucht, wie die Ausgestaltung der Leistungsanreize die Konzentration der Arbeitnehmer auf verschiedenen Dimensionen einer Aufgabe beeinflusst.

 

JUMS: Konnten Sie diese Fragestellungen zu ihrer Zufriedenheit lösen? Inwiefern traten während der Bearbeitungszeit neue, unerwartete Fragen und Probleme auf?

 

Nadine Eichhorn: Da es in Bezug auf das konkret von mir behandelte Problem des Einflusses von Anreizen, insbesondere von Rankings, auf Qualität und Quantität einer Arbeitsleistung, nur entfernte Anknüpfungspunkte in der bestehenden Literatur gab, habe ich natürlich immer wieder hinterfragt, ob das von mir erarbeitete theoretische Konzept, sowie das Design des Experiments überhaupt passend sind. Zudem waren die von mir getesteten Haupteffekte in der Auswertung zu großen Teilen nicht statistisch signifikant und das hat mich gezwungen in der Interpretation der Ergebnisse nochmal gedanklich sehr tief in die Theorie und auch die Analyse von zusätzlichen Interaktionseffekten, etc. einzusteigen. Ich hoffe, durch diese intensive ‚Denkarbeit‘ und Auseinandersetzung mit der Thematik, sowohl theoretisch als auch empirisch, konnte ich eine wertvolle Grundlage für weitere Forschung auf diesem Gebiet schaffen.

 

JUMS: Könnten Sie sich denn vorstellen, das Thema Ihrer Masterarbeit noch weiter zu vertiefen, beispielsweise in Form einer Promotion?

 

Nadine Eichhorn: Momentan kann ich mir das ehrlicherweise nicht vorstellen, da ich mich für eine Karriere in der Wirtschaft und nicht in der Wissenschaft entschieden habe und diesen Plan nun auch konsequent verfolgen will.

 

JUMS: Worin lag Ihre persönliche Motivation für eine Einreichung bei JUMS begründet?

 

Nadine Eichhorn: Wie bereits oben erwähnt, habe ich persönlich unheimlich viel Denkarbeit und Mühe in diese Arbeit gesteckt und hoffe, dass ich hier wirklich einen wertvollen Ansatzpunkt für die weitere Forschung schaffen konnte. JUMS bietet nun für mich die perfekte Plattform, meine Erkenntnisse auch tatsächlich einer breiten Masse an Wissenschaftlern verfügbar zu machen, ohne dass ich selbst das Thema in Form einer Promotion oder sonstigen Veröffentlichung weiterverfolge. Wenn man nun auf Google Scholar nach meinen spezifischen Keywords sucht, dann findet man die Arbeit relativ schnell und das ist wirklich ein tolles Gefühl.

 

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir Sie bitten würden, nun zu vervollständigen: „Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…“

 

Nadine Eichhorn: …neben sehr viel erforderlichem Durchhaltevermögen, Stress und Druck, vor allem eine, in der Regel vorher noch nie so erlebte, tiefgreifende intellektuelle Auseinandersetzung mit einer gewissen Thematik. Das Schreiben der Arbeit hat mich nachhaltig geprägt und die durchlebten Höhen und Tiefen haben mich ungemein für meine Arbeit in der Wirtschaft gestärkt und mir Selbstvertrauen gegeben.

 

JUMS: Vielen Dank, Frau Eichhorn, für Ihre Bereitschaft und Offenheit bei der Beantwortung dieser Interviewfragen. Wir wünschen Ihnen für Ihren beruflichen Werdegang nur das Beste!