JUMS trifft … Nico Boll

JUMS veröffentlicht nicht nur – wir recherchieren auch.

Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, und unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns dazu mit Nico Boll, Bachelor-Absolvent im Wirtschaftsingenieurwesen des Karlsruher Instituts für Technologie, getroffen, dessen Bachelorarbeit “Is the use of management accounting in startups a paradox? – A systematic literature review of how static management accounting practices can support dynamic startups” in der 9. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Nico Boll

Titel der Arbeit:

Is the use of management accounting in startups a paradox? – A systematic literature review of how static management accounting practices can support dynamic startups. 

Art der Arbeit, Hochschule:

Bachelorarbeit, Karlsruher Institut für Technologie

JUMS-Ausgabe:

Junior Management Science 3(4), 2018, 48-64

Artikel-Seite:

https://jums.academy/n-boll/

Interview

JUMS: Lieber Nico, wie bist Du zum Thema deiner Abschlussarbeit gekommen?

Nico Boll: Von der Abschlussarbeit habe ich von dem Institut erfahren, bei dem ich mein Vertiefungsmodul Controlling belegt habe. Der Titel hat mich sofort angesprochen, da ich es sehr spannend fand, ein fachlich kontroverses und topaktuelles Thema genauer zu beleuchten. Da ich bereits ein Praktikum in einem Startup gemacht und mich wie gesagt im Controlling vertieft hatte, wollte ich herausfinden, wie die beiden doch gegensätzlichen Seiten zusammenpassen können.

 

JUMS: In deinem Titel führst Du es bereits auf: dynamische Startups und statisches Controlling klingen Paradox. Wieso sollten Startups, die sich noch wesentlich mit der Produkt- und Geschäftsmodellentwicklung befassen, bereits früh ein funktionierendes Controlling einführen?

Nico Boll: Management Accounting hilft dem Gründer, kontrolliert zu wachsen, denn dafür bietet das Controlling eine gute Infrastruktur. Auch hilft es einem Startup, Informationen besser an externe wie zum Beispiel Investoren zu tragen oder sich strukturierte Ziele zu setzen. Dies sind neben der Produkt- und Geschäftsmodellentwicklung auch sehr wichtige Aspekte eines erfolgreichen Startups.

 

JUMS: Können zu viele formalisierte Prozesse und Kontrollen nicht auch viel kreatives Potenzial zerstören – unterscheidet das nicht häufig Startups von etablierten Unternehmen?

Nico Boll: Ja, das stimmt natürlich. Die vorgestellten Praktiken wie Business Pläne, Budgets, Finanzpläne oder andere Steuerungs- und Kontrollmechanismen sollten nur unterstützend angewandt werden, ohne den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Doch gerade die vorherrschenden Unsicherheiten in diesen volatilen Unternehmen verlangen eine gewisse Struktur, um diese Unsicherheiten zu reduzieren und Koordination im Wachstumsprozess zu schaffen. Außerdem zeigen einige empirische Studien, dass Management Accounting entgegen der Erwartungen geeignete Methoden zur Förderung und Nutzung von Innovation in Bezug auf Produktentwicklung und Forschung bietet.

 

JUMS: Welche Effekte von Controlling in Startup-Unternehmen konntest Du herausfinden?

Nico Boll: Neben den oben genannten Effekten trägt zum Beispiel simples Budgeting oder ein einfacher Finanzplan dazu bei, dass ein kleines Unternehmen die ohnehin schon knappen Ressourcen wie Geld und Personal effizienter einsetzen kann. Es können somit schneller Bottlenecks erkannt werden und das Startup bekommt ein besseres Verständnis von seinen Kosten. Neben den resultierenden Effekten sind auch die vorangegangenen Einflussfaktoren (Antecedents) interessant, die dazu führen, Management Accounting nutzen zu wollen. Neben der Größe und dem Alter des Unternehmens sind nämlich die Charaktereigenschaften eines Gründers, wie das Bestreben nach Wachstum, Selbsteffektivität oder das Bedürfnis nach Planung ein wichtiges Kriterium dafür, ob ein Startup bereit ist, Controlling Methoden in sein Business zu integrieren. Zusätzlich konnte ich herauszufinden, dass Budgets ein einfach anzuwendendes und überaus effektives Controlling Tool ist und somit gerade für junge Startups empfehlenswert ist.

 

JUMS: Wie hast Du dich methodisch diesem interessanten Themenfeld genähert? Was waren wesentliche Herausforderungen für dich?

Nico Boll: Bei der Literaturrecherche war es anfangs herausfordernd, des Themas korrekt abzugrenzen. Deshalb musste ich erst festlegen, wie ich ein Startup definiere. Ist beispielsweise das Alter oder die Größe entscheidend? Auch die Abgrenzung der MA Praktiken war wichtig, da man schnell auf viele andere spannende Themen stößt, die letztendlich den Rahmen gesprengt hätten, wenn man sich nicht strikt an die selbst gesteckten Ziele und Erwartungen hält. Andere strukturierte Literaturrecherchen zu lesen hat mir auch geholfen, mich mit dem genauen Aufbau und mit der Methodik unabhängig vom Thema vertraut zu machen.

 

JUMS: Die Erforschung von Startups ist in der Betriebswirtschaftslehre noch ein recht junger Forschungszweig. Konntest Du hinreichend relevante Literatur finden? Und wie bist du dabei vorgegangen?

Nico Boll: Eine Schwierigkeit war durchaus, die passende Literatur zu diesem Thema zu finden, da es auf diesem Gebiet vergleichsweise wenig empirische Literatur gibt. Für die Literaturrecherche habe zuerst die 23 einflussreichsten und am besten gerankten Entrepreneurship und Management Journals ausgewählt, um die Qualität der Papers zu garantieren. Anschließend habe ich zehn Suchbegriffe zum Thema Entrepreneurship herausgesucht („startup“, „small business“, „entrepreneurship“ etc.), welche mit 14 Suchbegriffen zum Thema Management Accounting („controlling“, „management accounting“,“financial planning“ etc.) zusammen im Paper Titel, in den Keywords oder im Abstract enthalten sein mussten. Danach habe ich die Treffer anhand meiner definierten Kriterien nach Relevanz bewertet und letztendlich 53 empirische Papers für die Untersuchung der einzelnen Hypothesen benutzt.

 

JUMS: Kommen wir zu deinem Studium: Als Wirtschaftsingenieur hat man ein großes Spektrum an Themen, mit denen man sich befasst. Wie kam es bei dir zu einem wirtschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt?

Nico Boll: Mir bringt es Spaß, ein Unternehmen in seiner Gesamtheit zu betrachten. Und da im Controlling alle Fäden zusammenlaufen, finde ich diesen Tätigkeitsbereich insbesondere in Zeiten der Digitalisierung mit neuen Herausforderungen und Aufgabenbereichen sehr spannend. Gerade jetzt im Praktikum kommt es mir aber zugute, mich nicht nur im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich auszukennen.

 

JUMS: Wie geht es für dich nach dem Bachelorstudium weiter? Ist die Wissenschaft eine Option?

Nico Boll: Zurzeit bin ich im Praktikum im Controlling und arbeite an einem Projekt zur Digitalisierung des Management Reportings. Danach mache ich meinen Master im Wirtschaftsingenieurwesen. Ob es danach in die Wissenschaft oder Wirtschaft geht, wird sich dann zeigen. Im Moment bringt mir das praktische Arbeiten auch sehr viel Spaß.

 

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir dich bitten würden, nun zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”

Nico Boll: …sich mit viel Spaß und Leidenschaft mit einem interessanten Thema auseinanderzusetzen, das man sich nicht nur selbst aussuchen kann, sondern auch gestalten kann und dabei lernt, strukturiert wissenschaftlich zu arbeiten.

 

JUMS: Vielen Dank, lieber Nico, für die interessanten Einblicke, wie Du zum Thema und der Entwicklung deiner Forschungsfrage gekommen bist. Wir wünschen dir für deine weitere Zukunft viel Erfolg!