JUMS trifft … Jule Neckermann

JUMS veröffentlicht nicht nur – wir recherchieren auch.

Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns mit Jule Neckermann  von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf getroffen, deren Bachelorarbeit „Over-Confidence Bias in strategischen Entscheidungsprozessen: Entstehung, Konsequenzen und Lösungsansätze“ in der 16. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Jule Neckermann

Titel der Arbeit:

Over-Confidence Bias in strategischen Entscheidungsprozessen: Entstehung, Konsequenzen und Lösungsansätze

Art der Arbeit, Hochschule:

Bachelorarbeit, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Aktuelle Tätigkeiten:

Masterstudentin JMU Würzburg 

JUMS Ausgabe:

Junior Management Science 5(3), 2020, S. 392-409

Artikel-Seite:

Interview

JUMS: Liebe Jule, Du untersuchst in deiner Bachelorarbeit, welche Faktoren zur Verzerrung durch Selbstüberschätzung in strategischen Entscheidungsprozessen führen und welche Chancen und Risiken sich daraus ergeben. Wie bist Du auf dieses Thema gekommen?
Jule Neckermann: Während meines Studiums habe ich sehr viel über verschiedene Entscheidungsprozesse sowie deren Optimierung gelernt und mich dabei gefragt, weshalb es dennoch zu Fehlentscheidungen kommt. Mich interessierte dabei vor allem der Over-Confidence Bias, welcher zu den bekanntesten und zeitgleich verheerendsten kognitiven Verzerrungen zählt. Die konkrete Fragestellung entstand dann in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl. In meiner Arbeit untersuche ich, wie Over-Confidence in Entscheidungsprozessen entsteht, Manager*innen beeinflusst und verhindert werden kann.

 

JUMS: Das zentrale Phänomen, mit dem Du dich beschäftigst, ist der Over-Confidence Bias. Kannst Du kurz erklären, was dies bedeutet und durch welche Faktoren dieser Bias entstehen kann?
Jule Neckermann: Der Over-Confidence Bias ist vielen unter dem Begriff der Selbstüberschätzung bekannt. Allerdings umfasst er verschiedene Unterformen und ist weitaus vielschichtiger als zunächst vermutet. Entstehen kann dieser Bias aus vielen anderen kognitiven Verzerrungen, situativen Faktoren sowie motivationalen und physiologischen Zuständen. Dadurch lässt sich dieser Bias in allen Schritten des Entscheidungsprozesses einordnen.

 

JUMS: Inwiefern hat der Bias nun Auswirkungen innerhalb eines Entscheidungsprozesses?
Jule Neckermann: In Entscheidungsprozessen führt dieser Bias überwiegend zu negativen Konsequenzen. Durch Over-Confidence kommt es immer wieder zu Fehlentscheidungen, die beispielsweise zum Scheitern von Unternehmensfusionen und Großprojekten führen. Die eigenen Fähigkeiten werden übersteigert positiv wahrgenommen, wodurch Risiken nicht ausreichend antizipiert werden. Außerhalb von strategischen Entscheidungen kommt es aber auch zu positiven Konsequenzen durch Over-Confidence. 

 

JUMS: Gibt es Lösungsansätze, damit aus dem Over-Confidence Bias keine schwerwiegende Folgen für ein Unternehmen entstehen?
Jule Neckermann: Zunächst ist es wichtig, dass in Unternehmen ein Bewusstsein für kognitive Verzerrungen in Entscheidungsprozessen geschaffen wird. Auf dieser Basis lassen sich dann verschiedene Maßnahmen anknüpfen, die dazu sorgen, den Bias während Entscheidungen zu erkennen und das Selbstbild der Manager*innen zu korrigieren. Dazu gehört z.B. die Implementierung der Post-Mortem-Analyse, die verschiedene Sichtweisen und Szenarien bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. Das Ziel der Unternehmen sollte es dabei nicht sein, Over-Confidence vollständig zu verhindern, sondern viel mehr die Sensibilisierung und Bereitstellung von Gegenmaßnahmen zu fördern.

 

JUMS: Als einen möglichen Ansatz stellst Du das Debiasing vor – was kann man sich darunter vorstellen?
Jule Neckermann: Das sogenannte Debiasing beschreibt die Entzerrung der kognitiven Verzerrungen. Dies umfasst verschiedene Maßnahmen, die dabei helfen, menschliche Denkfehler zu erkennen und zu verringern. Es geht darum, Fehlentscheidungen zu verhindern und ein stärkeres Bewusstsein für die Fehleranfälligkeit des menschlichen Denkens zu schaffen. In meiner Arbeit stelle ich deswegen konkrete Debiasing-Techniken für Over-Confidence dar.

 

JUMS: Kannst Du unseren Leser*innen noch einen Tipp geben, wobei man bei der Erstellung einer Abschlussarbeit achten sollte?
Jule Neckermann: Als besonders wichtig empfinde ich es, ein Thema zu finden, das einen langfristig begeistert. Dabei ist es empfehlenswert, sich bereits im Vorfeld mit möglichen Themen auseinanderzusetzen und Forschungsströme zu erkennen. Passend zu meiner Abschlussarbeit würde ich auch empfehlen sich bei Unsicherheiten Feedback einzuholen, einen Plan für den Schreibprozess zu erstellen und strukturiert vorzugehen.

 

JUMS: Wie bist Du auf die Idee gekommen, deine Arbeit bei JUMS einzureichen?
Jule Neckermann: Den Entschluss meine Arbeit bei JUMS einzureichen, habe ich vor allem auf Anraten meiner Professorin getroffen. Ich würde es aber Jedem empfehlen, seine Arbeit einzureichen und sich nicht selbst zu unterschätzen. Denn im Idealfall erhält man nicht nur ein qualifiziertes Feedback, sondern auch die erste eigene Veröffentlichung. 

 

JUMS: Du absolvierst nun aktuell deinen Master in Management in Würzburg, möchtest Du anschließend in der Wissenschaft bleiben oder was sind deine Pläne?
Jule Neckermann: Tatsächlich kann ich mir eine wissenschaftliche Karriere sehr gut vorstellen. Jedoch ist es mir derzeit auch wichtig, praktische Erfahrungen in der Wirtschaft zu sammeln. Anfang kommenden Jahres werde ich deswegen im Anschluss an mein Auslandssemester ein Praktikum beginnen, um die im Studium gewonnenen Kenntnisse auch in der Praxis umsetzen zu können. Auf diese neuen Erfahrungen freue ich mich nun zunächst. 

 

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”
Jule Neckermann:…  einen kleinen Teil zur Forschung beizutragen. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, eine eigene Forschungsarbeit zu verfassen und die im Studium gewonnen Kompetenzen mit der bestehenden Wissenschaft zu verknüpfen. Dabei habe ich auch gelernt verschiedene Sichtweise zu hinterfragen und in Beziehung zu setzen. 

 

 

JUMS: Vielen Dank für die Einblicke und deine Zeit, liebe Jule. Wir wünschen dir viel Erfolg für die kommen-den Lebensabschnitte und würden uns freuen, auch in Zukunft wissenschaftliche Arbeiten von dir zu lesen!