JUMS trifft … Felix Frauendorf

JUMS veröffentlicht nicht nur – wir recherchieren auch.

Regelmäßig treffen wir unsere JUMS-Autoren, aber auch Professoren und Wissenschaftler, unterhalten uns über deren Abschlussarbeiten und bitten diese um wichtige Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten.

Heute haben wir uns mit Felix Frauendorf von der Universität Siegen getroffen, dessen Masterarbeit „Die aktuelle Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung wirtschaftlicher Tätigkeiten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts “ in der 14. Ausgabe von JUMS veröffentlicht wurde.

Steckbrief: Felix Frauendorf

Titel der Arbeit:

Die aktuelle Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung wirtschaftlicher Tätigkeiten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Art der Arbeit, Hochschule:

Masterarbeit, Universität Siegen

Aktuelle Tätigkeiten:

Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsassistent

JUMS- Ausgabe:

Junior Management Science 5(1), 2020, S. 81-117

Artikel-Seite:

https://jums.academy/f-frauendorf/

 

Interview

JUMS: Lieber Felix, Du untersuchst in deiner Arbeit eine Änderung des Umsatzsteuerrechts für juristische Personen des öffentlichen Rechts. Was hat sich geändert? Und wieso wurde diese Änderung notwendig/angestrebt?
Felix Frauendorf:
Die Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts wurde in der Vergangenheit nach körperschaftsteuerlichen Grundsätzen bemessen. Dies bedeutet, dass nur Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe und Betriebe gewerblicher Art sowie Betriebe, welche in § 2 Abs. 3 S. 1 UstG a.F. aufgezählt worden waren, überhaupt der Umsatzbesteuerung unterlagen. Dadurch wurden u.a. vermögensverwaltende Tätigkeiten (z.B. Vermietung einer Gemeindewohnung) nicht erfasst. Dies widersprach dem Artikel 13 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Dies ist das europäische Recht, welches die Grundlage für das nationale Recht darstellt), da die Tätigkeit entscheidend ist und nicht die Rechtsform, sodass die Rechtslage mit § 2b  UStG geändert worden ist. Durch die Änderung wurde die Anknüpfung der Unternehmereigenschaft an das Vorhandensein eines Betriebs gewerblicher Art (§ 4 KStG) aufgehoben. Die Konsequenz daraus ist, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit auf die umsatzsteuerlichen Folgen zu überprüfen ist.

 

JUMS: Wen betrifft diese Änderung?
Felix Frauendorf:
Diese Änderung betrifft juristische Personen des öffentlichen Rechts. Dazu gibt es keine abschließende Aufzählung, aber das können u.a. die Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände, Landschaftsverbände), öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, Universitäten und Studentenwerke, Träger der Sozialversicherung oder auch Kammern und Innungen sein.

 

JUMS: Welche Auswirkungen hat die von dir untersuchte Änderung in der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung wirtschaftlicher Tätigkeit?
Felix Frauendorf:
Es gelten ab dem 1.1.2017 die allgemeinen Grundsätze zur Unternehmereigenschaft des § 2 Abs. 1 UStG. Diese Grundsätze besagen, dass ein umsatzsteuerlicher Unternehmer dann vorhanden ist, wenn dieser selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt. Dies gilt sogar dann, wenn als Gegenleistung Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erhoben werden. Dadurch fällt der größte Teil der Leistungen dem unternehmerischen Bereich zu. § 2b UStG regelt eine Ausnahme von dem § 2 Abs. 1 UStG. Wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts eine Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausübt und diese Tätigkeit nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt, dann gilt die juristische Person nicht als Unternehmer. Damit hat sich der Anwenderkreis stark vergrößert. Dies liegt daran, dass grundsätzlich nach der neuen Rechtslage davon ausgegangen wird, dass eine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft vorliegt, solange die Voraussetzungen des § 2b UStG nicht gelten. Nach der alten Rechtslage wird davon ausgegangen, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts immer Nichtunternehmer sind, außer diese erfüllen die Voraussetzungen für die Betriebe gewerblicher Art oder die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.

Durch diese Änderung müssen die juristischen Personen des öffentlichen Rechts jede Leistung unter umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten überprüfen. Dies gestaltet sich deshalb schwieriger als unter der alten Rechtslage, da die juristische Person des öffentlichen Rechts die Verwaltungsabläufe und Prozesse verändern müssen. Dazu müssen diese sowohl festlegen, wer für den Änderungsprozess zuständig ist, als auch jegliche Leistungsbeziehungen filtern und diese umsatzsteuerlich würdigen. Da oftmals viele Leistungsbeziehungen mit Verträgen verknüpft sind, muss erst einmal eine Vertragsdatenbank von den Vertretern der juristischen Personen installiert werden. Im Rahmen meiner Gespräche mit Verantwortlichen konnte ich herausfinden, dass jede Kommune eher auf sich gestellt ist und sich dann externen Rat in Form von Steuerberatern, Rechtsanwälten hinzuzieht, um die Implementierung und Würdigung zu bewältigen. Langfristig muss dann auch festgelegt werden, wer für die Übermittlung der Umsatzsteuererklärung zuständig ist. Diese ganzen Prozesse sind mit Mehrarbeit und Kosten verbunden, aber können auch eine Chance sein, einen Überblick über die Verträge zu bekommen, als auch die Abläufe in der Verwaltung zu verbessern.

 

 

JUMS: Wie bist Du zu diesem Thema gekommen?
Felix Frauendorf: Dadurch, dass ich 2014 in den Stadtrat von Hückeswagen gewählt worden bin, hatte ich vermehrt Berührungspunkte mit der kommunalen Praxis. Durch mein anschließendes Masterstudium und die Zeit im Rechnungsprüfungsausschuss lernte ich auch den Bereich der Umsatzbesteuerung von Kommunen kennen. Da fing ich an, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen und habe das Thema an meinen Professor herangetragen. Dieser war bereits durch die Tätigkeit im Rahmen seiner kirchlichen Betätigung mit dem Thema konfrontiert und war mit meinem Vorschlag einverstanden.

 

JUMS: Du hast dich nun einige Zeit mit der Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit befasst. Gibt es einen Tipp oder Ratschlag, den Du unseren Lesern mit auf den Weg geben kannst?
Felix Frauendorf: Ich habe mir zu Anfang einiges an Literatur zu dem Thema wissenschaftliches Arbeiten gekauft und die wichtigsten Aspekte für mich zusammengefasst. Die zwei wichtigsten Punkte sind zum einen, dass man die Arbeit in viele kleine Teilprojekte einteilt, damit der Bearbeiter nicht frustriert ist von diesem großen Projekt. Der andere wichtige Punkt ist strukturiert die Literaturrecherche und Auswertung anzugehen. Dazu hat mir das Programm Citavi geholfen. Dort habe ich die Literatur immer eingebunden und die einzelnen Textpassagen dann immer zu meinen vorher erstellten Kapiteln zugeordnet. Dadurch konnte ich mich mit einem großen Fundus an Literatur auseinandersetzen und konnte mir teilweise selbst eine Meinung zu Aspekten bilden.

 

JUMS: Du hast jetzt deinen Master abgeschlossen und bist als Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsassistent tätig. Möchtest Du in diesem Bereich bleiben oder wäre die Forschung nach wie vor eine Option?
Felix Frauendorf:
Ich habe am 1.5.2019 in einer mittelständischen Kanzlei in Bergisch Gladbach angefangen und konnte schon einen Einblick in die Arbeit eines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters bekommen. Die Tätigkeit gefällt mir aktuell sehr gut. Ich kann mir nicht direkt vorstellen in die Forschung zu gehen, aber einen oder mehrere wissenschaftliche Artikel zu publizieren, damit ich mein Praxiswissen anwenden kann.

 

JUMS: Zum Abschluss des Gesprächs gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, den wir dich bitten würden, zu vervollständigen: “Eine Abschlussarbeit zu schreiben, bedeutete für mich…”
Felix Frauendorf: den krönenden Abschluss des Studiums, in dem man die Erkenntnisse des Studiums mit dem selbstständigen Auseinandersetzen, mit neuer Literatur verknüpft, um sich dadurch eine eigene Meinung zu einem bestimmten Thema zu bilden. Dies hat mir enorm viel Spaß gemacht.

 

JUMS: Vielen Dank, lieber Felix, für die interessanten Einblicke in deine Arbeit und welche Tipps du unseren Leserinnen und Lesern geben kannst. Wir wünschen dir für deine weitere Zukunft viel Erfolg!