JUMS trifft … Rebecca Weyers
JUMS veröffentlicht nicht nur – es recherchiert auch.
Regelmäßig versuchen wir uns dazu mit ehemaligen Autoren aus unserem Journal, aber auch Professoren und Wissenschaftlern zu treffen und diese um Tipps zum Schreiben von Abschlussarbeiten zu beten. Schließlich sind sie es, die aus eigener Erfahrung am besten berichten können, was das Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit ausmacht.
Heute haben wir uns dazu mit Rebecca Weyers, Absolventin der Universität Mannheim getroffen, deren Bachelorarbeit „Auswirkungen von Geschlechtsunterschieden auf die Loyalität in Dienstleister-Kunden-Beziehungen“ in der zweiten Ausgabe von JUMS ausgezeichnet wurde. Im folgenden Interview berichtet sie über die konzeptionelle Herangehensweise und Interdisziplinarität ihrer Abschlussarbeit sowie ihre Erfahrungen im Master an der University of Bath in Großbritannien.
Steckbrief: Rebecca Weyers
Titel der Arbeit:
Auswirkungen von Geschlechtsunterschieden auf die Loyalität in Dienstleister-Kunden-Beziehungen
Art der Arbeit, Hochschule:
Bachelorarbeit, Universität Mannheim
Aktuelle Tätigkeiten:
Studentin im Masterstudium „Marketing“ an der University of Bath
JUMS-Ausgabe:
Junior Management Science 2 (2016), 20-31
Artikel-Seite:
https://jums.academy/r_l_weyers/
Interview
JUMS: Liebe Frau Weyers, wenn man sich die Übersicht der zweiten Ausgabe anschaut fällt auf, dass Ihre Arbeit mit elf Seiten mit Abstand die Kürzeste ist – absolute Effizienz oder woran liegt das?
Rebecca Weyers: Tatsächlich ist es so, dass die Bachelorarbeit an der Universität Mannheim lediglich 12 ECTS umschließt und damit gerade mal mit rund 6.6% Gewichtung in die Abschlussnote einfließt. Das ist ungefähr so viel wie zwei Klausuren zählen. Die Bearbeitungszeit ist zudem für alle Studenten der BWL auf die gleichen acht Wochen festgelegt. Am Sales und Services Marketing Lehrstuhl, an dem ich meine Arbeit geschrieben habe, mussten alle Studenten eine umfassende Aufarbeitung der themenspezifischen Fachliteratur anfertigen. Hier gibt es somit keinen Methoden- oder Datenanalyseteil, weshalb der Umfang auch entsprechend geringer ist. Ich würde also sagen absolute Effizienz gepaart mit formellen Vorgaben. :-)
JUMS: Ist es in Mannheim üblich, sich in der Abschlussarbeit rein auf Literaturübersichten zu fokussieren? Worin liegen die konzeptionell größten Unterschiede zwischen einer Literaturanalyse und einer empirischen Studie?
Rebecca Weyers: An vielen der BWL Lehrstühle an der Uni Mannheim sollen sich die Studenten auf eine Literaturanalyse fokussieren – einige meiner Freunde haben aber auch beispielsweise statistische Datenanalysen vorgenommen und sich in dem Rahmen mit Programmen wie SPSS oder Stata beschäftigt. Der größte Unterschied ist der Folgende: Bei einer Literaturrecherche ist der Anspruch an den Autor sich außerordentlich detailliert in seinen Fachbereich einzuarbeiten, verschiedene Perspektiven und Konzeptualisierungen darzustellen und zu bewerten. Man arbeitet sozusagen mit schon vorhandenem Material. In einer empirischen Studie muss dieses Material erst erhoben werden. Die Informationen, die in einer solchen Studie zusammengetragen werden, müssen dann in die aktuelle Literatur eingeordnet werden. Hier helfen Literaturanalysen, die gerne von empirischen Arbeiten zitiert werden, um den aktuellen Stand der Wissenschaft darzustellen und zu zeigen, inwiefern die eigene Studie diesen bereichert.
JUMS: Mit Ihrer behandelten Fragestellung der „Kundenloyalität im Servicesektor und deren diverse Konzeptualisierungen unter dem Einfluss der Variable des Geschlechts“ haben Sie ein hochaktuelles und fächerübergreifendes Thema bearbeitet, welches auch unter den Begriff Gender-Studies fällt. Inwiefern sehen Sie Ihre Arbeit als interdisziplinär?
Rebecca Weyers: Meine Arbeit ist auf jeden Fall interdisziplinär! Während der Kundenloyalitätsbegriff und der Servicesektor an sich betriebswirtschaftliche Forschungsthemen darstellen, stammt die Untersuchung von Geschlechtsunterschieden klar aus dem soziokulturellen Bereich. Gerade die Zusammenführung dieser Forschungsbereiche hat für mich die Arbeit sehr spannend gemacht.
JUMS: Würden Sie sagen, dass bei Ihrer Untersuchung eher die BWL von anderen Forschungsdisziplinen lernen konnte oder die BWL wiederum durch ihre praktische Anwendung anderen Disziplinen voraus ist?
Rebecca Weyers: Ich denke, beides ist zum Teil richtig. Gerade die Marketingdisziplin profitiert natürlich maßgeblich durch Forschungen im soziokulturellen Bereich – und auch Erkenntnisse aus der Medizin oder Biologie werden immer kritischer in der Forschung aber auch in der Praxis. In meinem jetzigen Master habe ich an einem Projekt gearbeitet, in dem wir untersucht haben, inwiefern verschiedene Duftnoten, die von einem Geruchszerstäuber im Einzelhandel verbreitet werden, unterschiedliche Wirkungen auf die Kunden haben. Solche Fragestellungen machen die BWL so attraktiv für mich – hier finden sich Einflüsse aus den unterschiedlichsten Forschungsbereichen wieder. Dadurch können wiederum andere Disziplinen inspiriert werden. Wenn beispielsweise aus einer Konsumentenanalyse hervorgeht, dass der überwiegende Teil einer Kundschaft gerade dann Fair Trade Produkte kauft, wenn sie sich selbst emotional belohnen wollen, dann hat das Implikationen für die wirtschaftliche praktische Anwendung aber auch für die sozialwissenschaftliche Perspektive auf eine Gesellschaft.
JUMS: Welche Implikationen haben sich durch Ihre Abschlussarbeit für die Praxis ergeben?
Rebecca Weyers: Die interessanteste Fragestellung, die sich aus meiner Arbeit ergeben hat, ist, ob Männer und Frauen unterschiedliche Servicebetreuung, Werbeelemente und Loyalitätsprogramme erhalten sollten. Der Stand der Forschung, als meine Arbeit erschien, war, dass Männer vor allem Gruppen gegenüber loyal sind (wie einer Arztpraxis), Frauen eher Individuen (wie einem bestimmten Arzt). Daraus ergibt sich die Frage, inwiefern der Marketingmix durch souveränitäts- oder gemeinschaftsbetonende Elemente angepasst werden sollte.
JUMS: Lassen Sie uns noch über Ihren persönlichen Werdegang sprechen. Wie Ihrem Steckbrief zu entnehmen ist, hat es Sie für Ihren Master nach Großbritannien verschlagen. Was waren Ihre Beweggründe dafür?
Rebecca Weyers: Ich habe nach meinem Bachelor ein Jahr lang im Marketingbereich gearbeitet und festgestellt, dass dieser Fachbereich mir nicht nur in der Forschung für meine Bachelorarbeit gefallen hat, sondern auch in der Praxis. Deshalb habe ich mich für einen Master in Marketing entschieden. Durch meinen Freund, der fünf Jahre lang in Großbritannien studiert hat und gerade seinen PhD hier macht, habe ich das englische Universitätssystem kennengelernt und mich dafür immer mehr begeistert. Mir gefällt das System der Campusuni, die persönliche Betreuung durch die Dozenten und die Mitarbeiter sowie das interaktive, praxisrelevante Arbeiten an der Universität Bath – die Studiengebühren sind eine andere Geschichte…
JUMS: Würden Sie unseren studentischen Lesern allgemein raten, ihren Bachelor und Master an verschiedenen Hochschulen abzulegen und können Sie für Ihre persönliche Entscheidung die Hochschule zu wechseln bis dato ein positives Fazit ziehen?
Rebecca Weyers: Ich finde, die Entscheidung, darüber wo man seinen Master absolviert (und auch ob man einen Master absolviert), sollte immer durch eine Kombination aus verschiedenen Elementen getroffen – rationalen und emotionalen. Welche Uni bietet die Spezialisierung oder Richtung, in die ich will? Welche Uni hat die Partneruniversität, an der ich gerne im Auslandssemester studieren will? In welchem Land will ich gerne während des Masters leben? Wo sind meine Freunde? Wo fühle ich mich wohl? Ich bin der Meinung, dass all diese Fragen bei einer solchen Entscheidung Gehör finden sollten. Für mich persönlich hat sich das auf jeden Fall bewahrheitet – ich bin überaus glücklich, da wo ich jetzt bin.
JUMS: Zum Abschluss gibt es bei uns immer einen kleinen Ergänzungssatz, dieser lautet für Sie: Damit ich auch meine Masterarbeit bei JUMS einreiche muss JUMS …
Rebecca Weyers: … Bis Ende des Jahres nach Great Britain expandieren. Könnte durch den Brexit allerdings ein Wagnis werden. ;-)
JUMS: Vielen Dank, Frau Weyers, für Ihre Bereitschaft und Offenheit bei der Beantwortung der Interviewfragen. Wir wünschen Ihnen für Ihren studentischen und beruflichen Werdegang nur das Beste!